Kampf-oder-Flucht: Warum dein Körper Milchstau als Bedrohung interpretiert

· 931 Wörter Kampf-oder-Flucht , Nervensystem , Milchstau Stress , Sympathikus , Überlebensmodus

Du liegst nachts wach. Dein Herz hämmert. Deine Brust spannt so sehr, dass du kaum atmen kannst. Du versuchst, dich zu beruhigen – aber dein Körper hört nicht zu. Er ist auf Hochalarm. Als ob Gefahr lauert. Aber da ist keine Gefahr. Nur du, allein im Dunkeln, mit einem Körper, der sich anfühlt wie ein Feind.

Was passiert da gerade?

Dein Nervensystem läuft ein uraltes Programm ab. Ein Programm, das dich vor Säbelzahntigern schützen sollte. Aber heute gibt es keine Tiger mehr. Nur Erschöpfung, Einsamkeit, die Last auf deinen Schultern. Und trotzdem: Dein Körper reagiert, als ob dein Leben in Gefahr wäre.

Das ist nicht deine Schuld. Das ist Biologie.

Was ist Kampf-oder-Flucht?

Stell dir vor: Vor 100.000 Jahren. Eine Frau, allein mit ihrem Baby. Plötzlich: Gefahr. Ein Raubtier. In diesem Moment muss ihr Körper sofort entscheiden: Kämpfen oder weglaufen.

Dafür hat die Evolution ein System entwickelt: Den Sympathikus. Er ist Teil deines autonomen Nervensystems – das heißt, du kannst ihn nicht bewusst steuern. Wenn der Sympathikus aktiviert wird, passiert Folgendes:

  • Dein Herzschlag beschleunigt sich
  • Deine Muskeln spannen sich an
  • Dein Atem wird flacher
  • Dein Körper schüttet Adrenalin und Cortisol aus
  • Alle nicht überlebenswichtigen Funktionen werden heruntergefahren

Und zu diesen “nicht überlebenswichtigen Funktionen” gehört: Der Milchfluss.

Denn wenn du vor einem Tiger fliehst, ist jetzt nicht der Moment, um zu stillen. Dein Körper sagt: Überleben zuerst. Milch später.

Das Problem ist: Dein Körper kann nicht unterscheiden zwischen einem echten Tiger und chronischem Stress. Für dein Nervensystem fühlt sich beides gleich an.

Dein Alltag ist der neue Säbelzahntiger

Du bist nicht auf der Flucht vor einem Raubtier. Aber du bist:

  • Allein mit der Verantwortung
  • Erschöpft ohne echte Pause
  • Nachts wach, während das Baby schreit
  • Ohne Unterstützung, ohne jemanden der sagt “Ich bin da”
  • Ständig in Alarmbereitschaft

Dein Nervensystem interpretiert das als: Chronische Bedrohung.

Und solange dein Sympathikus aktiv ist, solange dein Körper glaubt, du musst kämpfen oder fliehen – so lange blockiert er den Milchfluss. Nicht aus Bosheit. Sondern weil er dich schützen will.

Forscher haben das gemessen. In Studien aus den 1960er Jahren (Newton & Newton, 1967) wurde gezeigt: Wenn Mütter unter Stress gesetzt wurden – selbst nur durch laute Geräusche – sank der Oxytocin-Spiegel sofort. Die Milch floss nicht mehr. Die Brust spannte. Milchstau.

Das war vor über 50 Jahren. Aber dein Körper funktioniert heute noch genauso.

Warum “entspann dich einfach” nicht funktioniert

Vielleicht hat dir jemand gesagt: “Du musst dich nur entspannen, dann klappt das mit dem Stillen.”

Aber wie sollst du dich entspannen, wenn dein Nervensystem auf Überlebensmodus geschaltet hat?

Du kannst deinem Sympathikus nicht einfach sagen: “Hey, chill mal.” Das ist so, als würdest du einem Tiger in die Augen schauen und denken: “Ich bin jetzt ruhig.”

Dein Körper wartet auf ein echtes Signal. Ein Signal, das sagt: Du bist sicher.

Und dieses Signal kann nicht aus deinem Kopf kommen. Es muss von außen kommen. Von jemandem, der da ist. Von Berührung. Von Präsenz.

Der stille Kampf in deinem Körper

Jeden Tag kämpfst du. Nicht mit den Fäusten. Aber innerlich. Gegen die Erschöpfung. Gegen die Schmerzen. Gegen das Gefühl, dass du es nicht schaffst.

Und dein Körper kämpft mit. Er pumpt Cortisol durch deine Adern. Er hält dich in Anspannung. Er glaubt, wenn er loslässt, brichst du zusammen.

Aber genau das Gegenteil ist wahr: Solange du kämpfst, solange dein Sympathikus aktiv ist – so lange bleibt der Milchstau.

Die Lösung ist nicht mehr Kampf. Die Lösung ist: Kapitulation.

Nicht im Sinne von Aufgeben. Sondern im Sinne von: Ich brauche Hilfe. Ich kann das nicht alleine. Ich brauche jemanden, der mich hält, während ich loslasse.

Was dein Körper wirklich braucht

Dein Körper braucht kein weiteres Hausmittel. Keinen weiteren Ratschlag. Keine Atemübung.

Er braucht das Gegenteil von Kampf-oder-Flucht. Er braucht: Ruhe-und-Verdauung.

Das ist der andere Modus deines Nervensystems: Der Parasympathikus. Wenn er aktiv ist, senkt sich dein Herzschlag. Deine Muskeln entspannen sich. Oxytocin steigt. Die Milch fließt.

Aber wie aktivierst du den Parasympathikus?

Nicht durch Willenskraft. Sondern durch Sicherheit. Durch Nähe. Durch die Gegenwart eines Menschen, der nicht von dir will, dass du funktionierst – sondern der einfach da ist.

Das ist keine Esoterik. Das ist Biologie. Dein Nervensystem ist darauf programmiert, sich durch ein Gegenüber zu beruhigen. Das nennt man Co-Regulation.

Du bist nicht kaputt

Wenn dein Körper nicht entspannt, wenn der Milchstau immer wiederkommt, wenn du nachts wach liegst und spürst, wie dein Herz rast – dann ist das kein Zeichen dafür, dass mit dir etwas nicht stimmt.

Es ist ein Zeichen dafür, dass dein Nervensystem genau das tut, wofür es gebaut wurde: Dich schützen.

Aber es schützt dich vor der falschen Bedrohung. Denn die wahre Bedrohung ist nicht der Stress. Die wahre Bedrohung ist: Alleine damit zu sein.

Vielleicht ist es Zeit

Vielleicht ist es Zeit, aufzuhören zu kämpfen. Nicht aufzugeben – sondern anzuerkennen: Ich brauche jemanden.

Simon sucht keine Dienstleistung. Er sucht eine Frau. Eine Frau, die spürt, dass sie nicht alleine sein muss. Eine Frau, die bereit ist, sich fallen zu lassen – und zu erleben, was passiert, wenn jemand da ist, der sie auffängt.

Vielleicht bist du das. Vielleicht spürst du beim Lesen dieser Zeilen schon etwas. Eine leise Hoffnung. Ein Zögern. Ein “Vielleicht”.

Das ist genug. Das ist der Anfang.


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Wissenschaftliche Grundlagen: Alle Studien zu Stress, Oxytocin und Milchfluss findest du hier: 16 peer-reviewed Studien →

Über den Autor

Simon H. ist kein Therapeut und kein Experte – er ist ein Mann, der eine ehrliche Verbindung sucht. Seine Überzeugung: Die Lösung für viele körperliche Blockaden liegt nicht in Symptombehandlung, sondern in menschlicher Nähe und echtem Vertrauen.

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