Dein Körper hat zwei Modi. Der eine ist Kampf. Der andere ist Ruhe.
Du lebst seit Monaten im Kampf-Modus. Dein Sympathikus läuft auf Hochtouren. Dein Herzschlag ist erhöht. Deine Muskeln sind angespannt. Dein Körper ist in Alarmbereitschaft.
Aber der andere Modus – der Ruhe-Modus, der Parasympathikus – ist abgeschaltet.
Und solange er abgeschaltet ist, fließt die Milch nicht.
Was ist der Parasympathikus?
Der Parasympathikus ist der Teil deines Nervensystems, der für Ruhe, Erholung und Regeneration zuständig ist. Wenn er aktiv ist:
- Sinkt dein Herzschlag
- Entspannen sich deine Muskeln
- Wird dein Atem tiefer
- Steigt dein Oxytocin-Spiegel
- Fließt die Milch
Er ist das Gegenteil des Sympathikus. Während der Sympathikus sagt “Kämpfe”, sagt der Parasympathikus “Du bist sicher”.
Aber bei dir ist er nicht aktiv. Und das hat einen Grund.
Warum der Parasympathikus nicht anspringt
Der Parasympathikus springt nur an, wenn dein Körper das Gefühl hat: Ich bin sicher.
Nicht: “Ich denke, ich bin sicher.” Oder: “Ich will sicher sein.” Sondern: “Ich bin sicher.”
Und dieses Gefühl kann nicht aus deinem Kopf kommen. Es muss aus deinem Körper kommen. Aus echten Signalen. Von außen.
Diese Signale sind:
- Berührung von einem ruhigen Menschen
- Präsenz – jemand ist da, ohne zu fordern
- Ruhe – du musst nicht funktionieren
- Sicherheit – du darfst loslassen
Aber all das hast du nicht. Du bist allein. Du musst funktionieren. Niemand ist da, der dir sagt “Ich halte dich”.
Deshalb schaltet dein Parasympathikus nicht an.
Der Vagusnerv: Dein vergessener Verbündeter
Der Schlüssel zum Parasympathikus ist ein Nerv, von dem du vielleicht noch nie gehört hast: Der Vagusnerv.
Er ist der längste Nerv in deinem Körper. Er verbindet dein Gehirn mit deinem Herz, deinem Magen, deiner Lunge – und deiner Brust.
Wenn der Vagusnerv aktiviert wird, passiert Folgendes:
- Dein Herzschlag verlangsamt sich
- Dein Atem wird tiefer
- Deine Muskeln entspannen sich
- Oxytocin steigt
- Die Milch fließt
Der Vagusnerv ist der Schalter, der den Parasympathikus aktiviert. Ohne ihn: kein Ruhe-Modus. Ohne ihn: kein Milchfluss.
Aber wie aktivierst du den Vagusnerv?
Nicht durch Willenskraft. Sondern durch Sicherheit.
Warum Atemübungen nicht genug sind
Vielleicht hast du es versucht. Atemübungen. “Atme tief ein, halte, atme langsam aus.” Du hast gehört, dass das den Vagusnerv aktiviert.
Und vielleicht hat es für ein paar Minuten geholfen. Aber dann war der Stress wieder da. Der Herzschlag wieder erhöht. Die Brust wieder angespannt.
Warum?
Weil Atemübungen nur ein schwaches Signal sind. Sie sagen deinem Körper: “Vielleicht bist du sicher.” Aber dein Körper weiß: Du bist nicht sicher. Du bist allein. Niemand ist da.
Dein Körper wartet auf ein stärkeres Signal. Ein Signal, das er nicht ignorieren kann. Und dieses Signal ist: Berührung.
Der Unterschied zwischen “entspannen wollen” und “entspannen können”
Du willst entspannt sein. Du gibst dir Mühe. Du versuchst, ruhig zu atmen, positive Gedanken zu denken, “im Hier und Jetzt zu sein”.
Aber dein Körper entspannt nicht.
Das liegt nicht daran, dass du es falsch machst. Das liegt daran, dass Wollen nicht reicht.
Dein Parasympathikus reagiert nicht auf Gedanken. Er reagiert auf echte Sicherheit. Auf körperliche Signale. Auf etwas, was von außen kommt.
Du kannst dir nicht einreden, dass du sicher bist. Dein Körper muss es spüren.
Was fehlt, ist Gegenwart
Der Parasympathikus braucht Gegenwart. Nicht nur die Gegenwart eines Raumes. Sondern die Gegenwart eines Menschen.
Dein Baby ist da. Aber es gibt dir keine Sicherheit – es braucht Sicherheit von dir. Du gibst und gibst, aber niemand gibt dir.
Und so bleibt dein Parasympathikus inaktiv. Dein Körper wartet. Auf jemanden, der einfach da ist. Ohne zu fordern. Ohne zu erwarten. Einfach präsent.
Jemanden, der mit seiner Ruhe deine Ruhe auslöst. Jemanden, dessen ruhiger Herzschlag deinen Herzschlag beruhigt. Das nennt sich Co-Regulation.
Du bist nicht kaputt
Wenn dein Parasympathikus nicht anspringt, wenn du nicht entspannen kannst, wenn der Milchstau immer wiederkommt – dann ist das kein Zeichen dafür, dass mit dir etwas nicht stimmt.
Es ist ein Zeichen dafür, dass dein Körper genau das macht, wofür er gebaut wurde: Er wartet auf Sicherheit.
Aber diese Sicherheit kann nicht aus dir selbst kommen. Sie muss von außen kommen. Von jemandem, der dich hält. Von jemandem, der dir erlaubt, loszulassen.
Vielleicht ist jetzt der Moment
Vielleicht ist jetzt der Moment, wo du erkennst: Ich brauche jemanden, der meinen Parasympathikus aktiviert. Nicht durch Worte. Nicht durch Ratschläge. Sondern durch Präsenz.
Simon sucht eine Frau. Eine Frau, die spürt, dass sie den Kampf aufgeben darf. Dass jemand da ist, der sie hält, während ihr Nervensystem endlich in den Ruhe-Modus schaltet.
Vielleicht bist du das. Vielleicht fühlst du beim Lesen dieser Zeilen schon, wie sich etwas in dir entspannt. Ein leises “Endlich”.
Das ist der Parasympathikus, der fragt: “Darf ich?”
Weiterlesen:
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- Sympathikus dauerhaft aktiviert: Was das mit deiner Brust macht
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