Warum Hebammen manchmal nicht ausreichen – und was dir wirklich helfen könnte

· 1571 Wörter hebamme hilft nicht , hilfe bei milchstau , emotionale unterstützung , medizinische grenze , ganzheitliche hilfe

Du hast die Hebammenberatung angerufen. Vielleicht sogar zweimal. Die Ratschläge waren gut gemeint: Kälte, Wärme, Position wechseln, häufiger anlegen. Alles korrekt. Alles richtig.

Und trotzdem – der Milchstau geht nicht weg.

Oder er kommt zurück. Immer wieder. Meistens nachts. Immer dann, wenn du denkst, jetzt hätte es sich endlich stabilisiert.

Das liegt nicht daran, dass deine Hebamme schlecht wäre. Es liegt daran, dass Hebammen für medizinische und stillpraktische Beratung zuständig sind – nicht für das, was darüber hinausgeht.

Und genau da liegt oft die eigentliche Ursache für chronischen Milchstau.


Der medizinische Rahmen – was Hebammen leisten (und leisten sollen)

Hebammen sind unverzichtbar. Sie prüfen Anlegetechnik, erkennen anatomische Probleme (Zungenbändchen, flache Brustwarzen), geben Empfehlungen zur Entleerung und leiten dich zu Stillpositionen an. Sie wissen, wann Fieber gefährlich wird, wann du zur Ärztin musst, welche Hausmittel funktionieren.

Aber Hebammen arbeiten in einem zeitlich, emotional und fachlich begrenzten Rahmen:

  • Sie haben 15–30 Minuten pro Besuch.
  • Sie sind fachlich auf Stillphysiologie spezialisiert – nicht auf psychosomatische Zusammenhänge.
  • Sie dürfen und sollen keine therapeutische Rolle einnehmen.
  • Sie sehen dich vielleicht einmal pro Woche – nicht nachts um 3, wenn die Brust schmerzt und du allein bist.

Das alles ist richtig so. Hebammen machen ihren Job. Aber es bedeutet auch:

Hebammen haben nicht den Auftrag, die emotionale oder biologische Ursache hinter chronischem Milchstau zu bearbeiten.

Und genau hier entsteht die Lücke.


Die Lücke zwischen medizinischer Versorgung und emotionaler Realität

Stell dir vor:

Du liegst nachts wach. Das Baby hat gerade getrunken, aber die Brust ist trotzdem hart. Der Körper schaltet nicht ab. Dein Nervensystem läuft auf Hochtouren – Stress, Erschöpfung, Einsamkeit, Überforderung.

Jetzt fragst du dich: Würde es helfen, deine Hebamme anzurufen und zu sagen:

„Ich fühle mich so allein. Mein Körper verkrampft sich. Ich brauche jemanden, der einfach nur da ist, damit ich loslassen kann.”

Vermutlich nicht.

Nicht, weil deine Hebamme nicht empathisch wäre. Sondern weil das nicht ihr Job ist. Hebammen sind keine Therapeutinnen. Sie sind keine emotionalen Begleiterinnen. Sie sind keine 24/7-Präsenz.

Aber genau das bräuchte dein Körper vielleicht gerade: Jemanden, der da ist. Der Präsenz zeigt. Der Ruhe ausstrahlt. Der dir hilft, das Nervensystem runterzufahren – damit Oxytocin fließen kann.

Weil Milchstau nicht nur mechanisch ist. Er ist neurobiologisch.

Mehr dazu hier: → Oxytocin, Entspannung und Milchfluss: Warum Stress blockiert


Was fehlt: Präsenz, Sicherheit, körperliche Nähe

Der Milchspendereflex (also dass die Milch überhaupt fließt) wird durch Oxytocin ausgelöst. Oxytocin entsteht durch:

  • Körperkontakt (Haut an Haut)
  • Entspannung (Parasympathikus aktiv)
  • Sicherheitsgefühl (keine Gefahr, kein Stress)
  • Vertrauen (zu sich selbst, zum Baby, zur Situation)

Wenn diese Faktoren nicht gegeben sind, bleibt die Milch stecken – egal wie oft du anlegst oder abpumpst.

Hebammen können dir sagen, dass Entspannung wichtig ist. Sie können dir nicht die Entspannung geben.

Das ist keine Kritik. Das ist eine Tatsache.

Aber du darfst dir die Frage stellen:

Was bräuchtest du wirklich, damit dein Körper sich entspannt?

Vielleicht:

  • Jemanden, der nachts da ist, wenn du allein mit dem Schmerz bist.
  • Jemanden, der dir hilft, die Brust zu entleeren – ohne Hektik, ohne Druck, ohne Leistungsanspruch.
  • Jemanden, der einfach nur da ist, während dein Körper loslässt.
  • Eine Beziehung, die nicht „funktioniert”, sondern trägt.

Das ist keine medizinische Maßnahme. Das ist menschliche Präsenz.


Der Unterschied zwischen „richtig stillen” und „sicher fühlen”

Hebammen korrigieren die Technik. Das ist wichtig.

Aber wenn die Technik stimmt und der Milchstau trotzdem bleibt, liegt das Problem tiefer:

Dein Körper fühlt sich nicht sicher genug, um loszulassen.

Das kann viele Gründe haben:

  • Du bist chronisch gestresst (Job, Partner, andere Kinder, Schlafmangel).
  • Du fühlst dich allein mit der Verantwortung.
  • Dein Nervensystem ist im Dauerstress-Modus (Sympathikus dominiert).
  • Du hast keine emotionale Unterstützung – nur funktionale Ratschläge.

In solchen Fällen hilft kein weiterer Stillratschlag. Du brauchst jemanden, der dir hilft, dich sicher zu fühlen.

Und das kann eine Hebamme – bei allem Respekt – nicht leisten.

Mehr dazu: → Hilfe bekommen: Anonym, sicher, ohne Druck


Ein Beispiel aus der Praxis

Sophia, 34, zwei Kinder:

„Meine Hebamme hat mir alle Techniken gezeigt. Anlegen, abpumpen, kühlen, massieren. Ich habe alles gemacht. Trotzdem kam der Milchstau alle paar Tage zurück.

Irgendwann habe ich verstanden: Das Problem war nicht die Technik. Das Problem war, dass ich immer allein war. Nachts, tagsüber, innerlich. Mein Körper war verkrampft – nicht weil ich falsch stillte, sondern weil ich mich nicht sicher fühlte.

Erst als ich jemanden gefunden habe, der einfach nur da war (nicht als Therapeut, nicht als Berater, sondern als Mensch), konnte mein Körper endlich loslassen.”

Das ist kein Einzelfall.

Viele Frauen erleben genau das: Die Technik stimmt. Aber die emotionale Basis fehlt.


Was heißt das jetzt konkret?

Wenn du diesen Text liest und denkst: „Ja, das bin ich” – dann ist es vielleicht Zeit, einen Schritt weiterzugehen.

Nicht, weil du deine Hebamme ersetzen sollst. Hebammen sind unverzichtbar.

Sondern weil du zusätzlich etwas brauchst, das über Stillberatung hinausgeht:

  • Eine regelmäßige Präsenz, die dir Sicherheit gibt.
  • Jemanden, der dir hilft, die Brust zu entleeren – ohne Hektik, ohne Bewertung.
  • Eine Beziehung, die nicht „funktioniert”, sondern trägt.
  • Einen Raum, in dem du loslassen kannst.

Das kann keine medizinische Fachperson leisten. Aber ein Mensch, der dich sieht und da ist – der kann es.


Wie du herausfindest, ob das für dich passt

Stell dir folgende Fragen:

  1. Ist die Technik eigentlich in Ordnung? (Hat die Hebamme nichts gefunden, was korrigiert werden müsste?)
  2. Kommt der Milchstau trotz korrekter Technik immer wieder?
  3. Fühlst du dich chronisch gestresst, allein oder unsicher?
  4. Hilft dir Abpumpen nur kurzfristig – aber es blockiert trotzdem?
  5. Hast du das Gefühl, dass dir etwas fehlt – aber du weißt nicht genau was?

Wenn du mindestens 3 dieser Fragen mit Ja beantwortest, dann liegt die Ursache vermutlich nicht im Stillen selbst. Dann brauchst du emotionale Sicherheit, nicht nur Stillberatung.


Der nächste Schritt: Hilfe bekommen, die wirklich passt

Du hast drei Möglichkeiten:

1. Weitermachen wie bisher

Du kannst weiter versuchen, den Milchstau mit Technik zu lösen. Das ist völlig legitim. Aber wenn die Ursache tiefer liegt, wird sich das Problem wahrscheinlich wiederholen.

2. Therapeutische oder emotionale Unterstützung suchen

Wenn du spürst, dass Stress, Einsamkeit oder Überforderung der eigentliche Grund sind, kann eine Stillberatung mit psychosomatischem Fokus, eine Therapeutin oder eine Begleiterin helfen.

3. Eine Alternative ausprobieren, die Präsenz + Entlastung kombiniert

Es gibt Männer (wie mich), die Frauen in dieser Situation begleiten – nicht als Therapeut, nicht als Stillberater, sondern als Mensch, der einfach da ist.

Das bedeutet:

  • Regelmäßige Präsenz (auch nachts, wenn niemand sonst da ist).
  • Hilfe beim Entleeren der Brust – ohne Hektik, ohne Bewertung.
  • Ein Raum, in dem du loslassen kannst.
  • Eine Beziehung, die nicht „funktioniert”, sondern trägt.

Das ist keine medizinische Behandlung. Das ist menschliche Unterstützung.

Mehr dazu: → Hilfe bekommen: Anonym, sicher, ohne Druck


Wichtig: Medizinische Abklärung bleibt unverzichtbar

Bitte verstehe: Dieser Text soll Hebammen nicht ersetzen oder abwerten. Hebammen sind unverzichtbar für medizinische und stillpraktische Beratung.

Aber wenn die medizinische Seite abgeklärt ist und der Milchstau trotzdem bleibt – dann liegt die Ursache vielleicht woanders.

Und dann darfst du dir Unterstützung holen, die über Stillberatung hinausgeht.


Warnzeichen: Wann du sofort zur Ärztin musst

Wenn du diese Anzeichen bemerkst, geh bitte sofort zur Ärztin oder ins Krankenhaus:

  • Fieber über 38,5 °C
  • Rötung, Schwellung, starke Schmerzen (Verdacht auf Mastitis)
  • Allgemeines Krankheitsgefühl (Schüttelfrost, Erschöpfung)
  • Eitriger Ausfluss aus der Brustwarze

Notfallnummern (Deutschland/Österreich):

  • 116 117 – Ärztlicher Bereitschaftsdienst (24/7)
  • 112 – Notruf

Zusammenfassung: Was du wissen solltest

  • Hebammen sind unverzichtbar für medizinische Stillberatung – aber sie haben nicht den Auftrag, emotionale oder psychosomatische Ursachen zu bearbeiten.
  • Wenn die Technik stimmt und der Milchstau trotzdem bleibt, liegt das Problem oft tiefer: Stress, Einsamkeit, fehlendes Sicherheitsgefühl.
  • Oxytocin (Milchspendereflex) entsteht nur durch Entspannung, Präsenz und Vertrauen – nicht durch „richtiger stillen”.
  • Du darfst dir Unterstützung holen, die über Stillberatung hinausgeht: Emotionale Präsenz, menschliche Nähe, regelmäßige Entlastung.
  • Das ist keine Alternative zur Hebamme. Das ist eine Ergänzung.

Nächste Schritte

Wenn du das Gefühl hast, dass dieser Text auf dich zutrifft:

  1. Kläre die medizinische Seite ab (Hebamme, Stillberaterin, Ärztin).
  2. Frage dich ehrlich: Ist die Technik das Problem – oder brauchst du emotionale Unterstützung?
  3. Entscheide für dich: Willst du weitermachen wie bisher – oder bist du bereit, eine andere Art von Hilfe auszuprobieren?

Wenn du bereit bist, den nächsten Schritt zu gehen:

Hilfe bekommen: Anonym, sicher, ohne Druck

Du bist nicht allein. Und du musst nicht „durchhalten”.

Es gibt einen anderen Weg.


Quellen und weiterführende Informationen

Evidenzbasierte Quellen:


Weitere hilfreiche Seiten:


Disclaimer:

Dieser Text ersetzt keine medizinische Beratung, Diagnose oder Behandlung. Bei gesundheitlichen Beschwerden wende dich bitte an deine Hebamme, Stillberaterin oder Ärztin. Die Informationen auf dieser Seite dienen ausschließlich der allgemeinen Information und stellen keine medizinische Fachberatung dar.

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